Die Weisheit der Vielen
Obwohl die Young Professionals beim BME rmr mittlerweile ihr 10. Jubiläum feiern konnten, steht die Gründungsidee nach wie vor im Vordergrund: Jungen Einkäufern ein festes Forum des Austauschs zu geben, um das Netzwerken über Unternehmensgrenzen hinweg zu ermöglichen und gleichzeitig neue Ideen zu entwickeln. Eine davon ist das "Sounding Board" ("Resonanzboden"), und das stieß beim jüngsten Stammtisch im Restaurant Schöneberger in Bornheim auf - um im Bild zu bleiben - sehr gute Resonanz. Zehn YPs aus Frankfurt, Mainz und Gießen nahmen an der Premiere teil, die von Lena Kühn und Janik Diek geleitet wurde.Sie hatten die Teilnehmer im Vorfeld darum gebeten, jeweils eine Fragestellung aus ihrer Einkaufspraxis mitzubringen und zu schildern. Die anderen Teilnehmer fungierten als potenzielle Problemlöser, die den Fall mit erfrischend unterschiedlichen Ansichten und Erfahrungen aus verschiedenen Perspektiven beleuchteten. Ganz nebenbei lernte man auf diese Weise nicht nur die Personen, sondern auch ihre Tätigkeitsfelder schnell kennen. Die Herausforderungen, das stellte sich schnell heraus, sind an vielen Stellen ähnlich, auch wenn die YPs aus ganz unterschiedlichen Branchen, etwa Pharma, Kreditwirtschaft, Rundfunk und Industrie, kamen.
Blick über den Tellerrand
Dass ein IT-Projekt nicht so endet, wie es sich die Vertragspartner zu Beginn vorgestellt haben, kommt vor. Wie aber sieht es aus, wenn ein Großteil der vereinbarten Leistungen bereits geliefert wurde? Zielvorgabe für das "Sounding Board" war, Optionen für eine möglichst gütliche Einigung aufzuzeigen. Der Konflikt hatte zum einen eine rechtliche, aber auch eine soziale Komponente: Letztlich will keiner der Beteiligten das Gesicht verlieren und den Kopf für den eventuellen Schaden hinhalten müssen. "Gibt's Penaltys?", wollte eine Teilnehmerin wissen. "Software ist nie fehlerfrei, das ist akzeptierter Standard", warf ein anderer ein. Dass eine möglichst hohe Strafe für den Lieferanten oftmals auch keine gute Lösung ist, darauf wies eine dritte hin: Im Pharma-Bereich beispielsweise gebe es für manche Produkte weltweit nur eine Handvoll möglicher Vertragspartner, sodass beide Seiten ein großes Interesse an der Fortführung der Geschäftsbeziehung hätten. Es entwickelte sich eine abwechslungsreiche Diskussion, die zu keinem eindeutigen abschließenden Ergebnis kam - und darum ging es auch gar nicht. Vielmehr erhielten die YPs durch den Blick über den Tellerrand viele Anregungen zur eigenen Lösungsgestaltung.
Auch der Umgang mit Gefälligkeiten wurde heiß diskutiert. "Ich kriege kaum noch was angeboten", meinte einer. Die anderen Teilnehmer stimmten zu, dass die Unternehmen mittlerweile längst für dieses Thema sensibilisiert sind. Sie haben unterschiedliche Strategien entwickelt, sich selbst und ihre Mitarbeiter zu schützen, etwa durch klare Betragsgrenzen oder das Sammeln und anschließende Versteigern von Geschenken zugunsten eines karitativen Zwecks. In manchen Fällen sei die Entscheidung jedoch nicht einfach, schließlich will man langjährige Geschäftspartner auch nicht vor den Kopf stoßen - und etwa nach dem Preis der Weinflasche fragen, die er einem überreicht. "Wenn man ablehnt, ist das für manchen fast schon beleidigend", meinte ein Teilnehmer. Eine Einladung zum Oktoberfest dagegen sei schon grenzwertig, fanden andere, obwohl das gesellige Beisammensein eindeutig im Vordergrund stünde. "Gar nichts annehmen", war dagegen eine Devise in einem weiteren Unternehmen. Ein YP verwies auf den Zeitpunkt eines Geschenks: Nach einem großen und gemeinsam erfolgreich abgeschlossenen Projekt habe dies einen anderen Charakter als zu manch anderem Zeitpunkt.
Kontakte über Unternehmensgrenzen hinweg
Sowohl die Themenvielfalt als auch die präsentierten Lösungsansätze waren vielfältig und inspirierend. An dem Abend wurden darüber hinaus viele Visitenkarten ausgetauscht, und bei der ungezwungenen Atmosphäre im Schöneberger auch das eine oder andere private Wort gewechselt. Dass das Netzwerken neben neuen Kontakten auch Vorteile im Berufsleben bringen kann, erlebten die Teilnehmer selbst, es wird aber auch durch Studien und Fachleute immer wieder bestätigt. Dies gilt umso mehr für junge Nachwuchskräfte, die ihre bisher noch nicht so lange währende Berufserfahrung mit Kreativität und frischen Ideen mehr als wettmachen können.
"Bei vielen Berufseinsteigern ist das Thema Netzwerken noch gar nicht angekommen", wird die Unternehmensberaterin Sabine Osmanovic in der Frankfurter Rundschau am 13. September 2014 zitiert. Oder: "Viele Young Professionals nehmen das Kontakteknüpfen nicht ernst genug, dabei bekommen sie wichtige Informationen im Berufsleben nicht am schwarzen Brett, sondern über ihre Kontakte", so Karriereberaterin Ute Bölke an gleicher Stelle. BME rmr YPs wissen das schon lange.
Aufgrund des großen Zuspruchs für das neue Konzept ist der nächste Stammtisch der Young Professionals bereits für November geplant. Sobald Termin und Ort feststehen, erhalten Mitglieder eine Einladung per E-Mail. Außerdem wird das Treffen wie gewohnt auf der BME rmr-Homepage unter dem Menüpunkt "Veranstaltungen" angekündigt. Willkommen sind auch junge Einkäuferinnen und Einkäufer, die bisher noch nicht am Stammtisch teilgenommen haben.
Verfasser: David Schahinian