BME Rhein-Main-Region

13.06.2023

BME rmr-Veranstaltung „Schienen, Schwellen, Schotter: Die Grüne Transformation der Deutschen Bahn“

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Klimaneutralität und eine vollständige Kreislaufwirtschaft bis 2040 – diese selbstgewählten Ziele sind eine große Herausforderung für die Deutsche Bahn. Wie groß, zeigen einige Zahlen: Die Bahn mit ihren mehr als 320.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist für rund zwei Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs verantwortlich. Dazu fließen bislang jährlich noch 380 Millionen Liter Diesel-Kraftstoff aus 180 eigenen Dieseltankstellen. Um klimaneutral zu werden, ist nicht weniger als eine grüne Transformation des Konzerns notwendig – und die ist bereits in vollem Gange. Darüber berichteten Sebastian Zander und Sebastian Korks von der Deutschen Bahn. Rund 20 Einkäuferinnen und Einkäufer waren an ihrem Stammsitz im neuen DB Tower zu Gast – einem 66 Meter hohen Turm, der 2020 fertiggestellt wurde.

Mit ihrer Arbeit stellen die beiden entscheidende Weichen, um das ambitionierte Fernziel zu erreichen. Sebastian Korks ist Referent für nachhaltige Beschaffung – einem Bereich also, der schon lange als entscheidender Hebel zur Erreichung von Geschäftszielen beiträgt. Er berichtete, dass die Nachhaltigkeit, die bei der DB neben Umwelt- und Klimathemen auch die soziale Verantwortung einbezieht, an mehreren Stellen in der Zentralen Beschaffung verankert ist. „Neben einer Grundsatzabteilung haben wir nochmals eigene Referenten für die nachhaltige Beschaffung in den Bereichen Schienenfahrzeuge und Schienenfahrzeugersatzteile, Infrastruktur sowie Allgemeine Bedarfe und Leistungen.“ Der Konzerneinkauf wolle einen wesentlichen Beitrag zu einer klimaneutralen Bahn bis 2040 leisten. Dazu beitragen sollen unter anderem die Implementierung von Nachhaltigkeit als Vergabekriterium, die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstandards in der Beschaffung und die Vernetzung innerhalb des Konzerns, aber auch branchenübergreifend.

Die Transformation soll sich aber auch in konkreten Kennzahlen der Beschaffung niederschlagen, so Sebastian Korks weiter. Bis 2030 will der Konzern den Recyclinganteil bei seinen drei Hauptressourcen, Schienenstahl, Gleisschotter und Betonschwellen, verdoppeln bis verfünffachen. Möglich werden soll das unter anderem mit neuen Verfahren zur Wiederaufbereitung von Gleisschotter sowie den Auf- und Ausbau strategischer Partnerschaften, um die Entwicklungen von recycelten und recyclingfähigen Produkten voranzutreiben. Die DB ist darüber hinaus Gründungsmitglied von Railsponsible, einer Brancheninitiative, die sich auf nachhaltige Beschaffung konzentriert.

Ein weiterer wichtiger Baustein sind die Lieferanten. Für sie wurde ein Stufenplan Nachhaltigkeitsbewertungen erarbeitet. „Wir legen besonderen Wert darauf, unsere Lieferantinnen und Lieferanten auf unsere Nachhaltigkeitsziele zu verpflichten“, betont Sebastian Korks. Dazu müssen sie aktuelle Ratings vorlegen oder durchlaufen. Betraf das zunächst nur die Top-Lieferanten, werden künftig schrittweise weitere Gruppen einbezogen und Mindestscores eingeführt. Viel Arbeit also für die Beschaffung der DB, die durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz noch erschwert wird: „Die Umsetzung bindet enorm viele Ressourcen.“

„Grün statt Diesel“

Und was ist mit den Zügen selbst? Hier kommt Sebastian Zander, Programmleiter Energieversorgung für alternative Antriebe, ins Spiel. Die möglichen Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität sind zahlreich. Dazu zählen etwa die Umstellung auf grüne Wärmeversorgung und der Ausbau der Bahnstromnetz-Infrastruktur. Unter dem Motto „Grün statt Diesel“ stellte er einige spannende und zukunftsweisende Projekte vor. Ein Kernpunkt ist die weitere Elektrifizierung des Streckennetzes, Ende 2021 lag die Quote bei rund 62 Prozent. „Wo das nicht der Fall ist, sind wir meistens noch mit Diesel unterwegs. Das passt nicht zu unserem Nachhaltigkeitsziel.“

Bei der Elektrifizierung ist noch vieles möglich. Im Rahmen des Projekts Akkunetz Schleswig-Holstein werden derzeit beispielsweise unter anderem drei Oberleitungs-Inselanlagen in den Bahnhöfen Tönning, Heide (Holst) und Husum gebaut. Sie sollen das Laden von 55 emissionsarmen Akkuzügen ermöglichen. „Insgesamt erhöht sich der Elektrifizierungsgrad des Streckennetzes in Schleswig-Holstein mit den Maßnahmen von derzeit 29 auf dann 68 Prozent.“

Weniger CO2 dank Pflanzenöl

Es gilt aber auch, andere Lösungen für die bislang noch rund 12.000 Kilometer zu finden, die nicht elektrifiziert sind. Denn nicht für alle Strecken ist eine Elektrifizierung wirtschaftlich. Dazu zählen alternative Antriebe wie E-Fahrzeuge mit Akkus als Energiespeicher oder Verbrenner, die mit alternativen Kraftstoffen oder mit Wasserstoff betrieben werden. So sind bereits zwölf Abgabestellen in Betrieb, an denen der nachhaltige Biokraftstoff HVO 100 getankt werden kann. HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oil und hat unter anderem den Vorteil, dass er problemlos für Dieselfahrzeuge geeignet ist. In der Gesamtbilanz würden so rund 90 Prozent der CO2-Emissionen eingespart, erklärte Sebastian Zander.

Der Einsatz von grünem Wasserstoff wird unter anderem in einem Gemeinschaftsprojekt mit Siemens Mobility erprobt: H2goesRail. Nahziel ist ein Gesamtsystem aus Tankstelle, Zug und Instandhaltungsinfrastruktur. 2024 soll der neu entwickelte Brennstoffzellen-Triebzug Mireo Plus H auf der Strecke Tübingen-Pforzheim in den Testbetrieb gehen. Auch bei all den vorgestellten Maßnahmen spielt die nachhaltige Beschaffung eine wichtige Rolle, betonten die beiden Referenten.

Damit war die Brücke zum informellen Teil der Veranstaltung gebaut: Beim Get Together wurde vor allem weiter über Nachhaltigkeit gesprochen, beschäftigt das Thema mittlerweile doch nahezu jede Organisation. Nebenbei wurden wieder viele neue Kontakte geknüpft. Die Sommerterrasse des neuen DB-Gebäudeensembles bot dafür bei bestem Wetter ein besonders schönes Ambiente.

David Schahinian

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