BME Rhein-Main-Region

19.12.2018

BME rmr-Jahresabschluss 2018 mit Extrem-Wanderer Florian Astor: „Es ging nie ums Ankommen…“

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Die Geschichte, die beim BME rmr-Jahresabschluss 2018 erzählt wurde, war außergewöhnlich: Wer gibt seinen sicheren Posten bei einer Fluggesellschaft nach 15 Jahren auf und kündigt alle seine Versicherungen, um Neuseeland von Süden nach Norden zu durchwandern? Um in Kanada mit lediglich noch 5,4 Kilo an Hab und Gut im Rucksack zu sich selbst zu finden? Um zwei Jahre auszusteigen und 250 Nächte im Zelt zu schlafen? Um Pinguinen in der Antarktis zuzuschauen? Florian Astor hat es getan, und mehr noch: Vieles, was er am anderen Ende der Welt für sich entdeckte, ist gewinnbringend im eigenen Berufsalltag anzuwenden.

Geplant war der Trip nicht: Sechs Wochen Urlaub sollten es sein, ein „richtig harter Bruch“ zwischen zwei Jobs, wie er mit einem ironischen Augenzwinkern berichtete. Seine Reise war keineswegs eine Flucht. Die 15 Jahre im Konzern wolle er nicht missen, aber letztendlich reifte in ihm auch die Erkenntnis, dass einen jede Veränderung weiterbringt. „Das hat nie etwas mit Scheitern zu tun.“

Seine Komfortzone hatte Astor also bereits in Deutschland verlassen. Oft sind es jedoch die persönlichen Hürden, die zu überspringen besonders viel Überwindung kosten. „In einem Zelt zu schlafen, per Anhalter zu fahren oder sich allein in ein Café zu setzen“, zählte er einige auf. Der Mut, es trotzdem zu machen, hat sich für ihn gelohnt: „Es sind mir dabei immer großartige Dinge passiert.“ Routine sei der Tod des Gehirns, und dem könne schon im Kleinen begegnet werden. Etwa, wenn morgens einfach einmal der Bäcker gewechselt wird. Man sieht die Welt, zumindest die eigene kleine, mitunter mit ganz anderen Augen.

Dem Mut stehen aber oftmals Ängste entgegen – die Komfortzone wird nicht umsonst genau so genannt. „Man hat immer Handlungsoptionen. Sie machen frei, weil sie einem Ängste nehmen“, berichtete Astor, der in den beiden Jahren insgesamt rund 8.500 Kilometer zu Fuß zurücklegte. In Zeiten der Digitalisierung kann diese Art von Flexibilität überlebenswichtig werden: Wer kann heute schon sagen, wie das Geschäftsfeld des Arbeitgebers oder der eigene Arbeitsplatz in zehn Jahren aussieht – wenn es sie dann überhaupt noch gibt?

Eine Reise zum eigenen Ich

Auf seinen langen Strecken machte der Extrem-Wanderer darüber hinaus ungewöhnliche Erfahrungen: „Das Anstrengendste war, mit mir selbst klarzukommen.“ Nach einigen Monaten habe sich das geändert – und nicht nur das. Er merkte, dass er in bestimmten Situationen anders reagierte als früher. Vielleicht war das die Erkenntnis, die in der schnelllebigen Zeit von heute die wichtigste ist: „Zeit zur Reflektion, Zeit, in der man sich mit sich selbst beschäftigt – das ist sehr wichtig.“ Den knapp 50 BME rmr-Mitgliedern im Publikum empfahl er einen Selbstversuch. Sie sollten sich einmal 30 Minuten lang unter einen Baum setzen und versuchen, nichts zu tun. Es ist leichter gesagt als getan, so viel sei an dieser Stelle schon verraten.

Natürlich kamen auch Hiker und Naturliebhaber bei dem Vortrag auf ihre Kosten. Die zahlreichen atemberaubenden Landschaftsaufnahmen beeindruckten, die praktischen Schilderungen seines Wandererlebens unterhielten. Hatte er zu Beginn seiner Reise noch mit 16,5 Kilogramm Basisgewicht begonnen, waren es in Kanada nur noch etwas mehr als 5. „Der größte Hebel ist der Verzicht“, betonte er. Wer den Rucksack tagtäglich viele Kilometer mitschleppen muss, überlegt sich schnell, was er alles unterwegs nicht braucht. Da können auch schon 500 oder gar 50 Gramm buchstäblich stark ins Gewicht fallen.

Auch Ziellosigkeit kann einen weiterbringen

Florian Astor kam, das konnte man schon an den Fotos erkennen, als veränderter Mensch zurück. Am Ende wusste er: „Es ging nie ums Ankommen, sondern um die Reise.“ Wie oft renne man Zielen hinterher und vergesse dabei, nach links und rechts zu schauen? Eine Fokussierung sei in manchen Situationen durchaus angebracht und hilfreich. Er selbst hat sich aber auch eine Form von Ziellosigkeit verordnet.

Und heute? Ist das Verlassen der Komfortzone für Florian Astor zur täglichen Übung geworden. Er wohnt gemeinsam mit zwei Studenten in einer WG und hat nach seiner Rückkehr zusammen mit einem Geschäftspartner ein Start-up im Bereich des Golfsports gegründet. Darüber hinaus arbeitet der Digital-Unternehmer an weiteren Projekten und vermittelt seine Eindrücke und Erfahrungen als Keynote Speaker und Storyteller.

Beim Jahresabschluss 2018 des BME rmr, den Laurenz Büschel und Peter Leitsch organisiert hatten, kam sein Auftreten gut an. Er mischte sich unter die Menschen, die noch viele Fragen zu seiner ungewöhnlichen Geschichte stellten. Die Location, das Theater Alte Brücke in Sachsenhausen, bot zudem einmal mehr den idealen Rahmen, um sich in gemütlicher Runde über das zu Ende gehende Jahr und neue Projekte auszutauschen. Insgeheim hatte mancher dabei vielleicht die Textzeile eines alten Udo Jürgens-Hits im Ohr: „Einmal verrückt sein und aus allen Zwängen flieh’n…“

Der Jahresauftakt 2019 verspricht ähnlich spannend zu werden: Agent, Ermittler und Unternehmer Balthasar Fleischmann wird über die Macht der Kommunikation am Arbeitsplatz sprechen. Erfahren Sie am Montag, 28. Januar, mehr. Hier können Sie sich bereits jetzt anmelden.


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